MG B Berlinette von Jacques Coune

Als 1962 endlich der Nachfolger des MG A auf seinen vier Rädern stand, waren viele Sportwagenfans wieder begeistert. Auf diesen Wagen hatten sie 3 Jahre gewartet.
Der MG A wurde nur von 1955 bis 1959 gebaut und der 1961 eingeführte MG Midget MK I war als "Zwerg" (wie der Name schon sagt) kein würdiger Nachfolger.
Aber nun war er da, der MG B.Und er entsprach viel mehr dem Geschmack der Zeit als der A: sachliche, kantige Karosserie, kleine Heckflossen, - die runden, bisweilen barocken Formen der 50iger Jahre waren vorbei und die Motorisierung stimmte auch wieder.
Zum kompletten Glück fehlte den zumeist "schlechtwettergeplagten" Nordeuropäern nur noch das Coupé, denn offenfahren war und ist nicht jedermanns Sache.

Wem der Wagen gefiel, der konnte sich bei dem belgischen Karosseriebauer Jacques Coune schon kurz nach Beginn der Produktion ein Hardtop bestellen. MG hatte dieses nützliche "Utensil" erst später im Zubehörprogramm.
Trotzdem war die Lücke zum Coupé bei MG nicht geschlossen und das erkannte Jacques Coune in Brüssel sehr schnell. Ein Jahr nach Erscheinen des Cabriolets hatte Coune ein hinreißendes Coupé gezeichnet, dass er in alter Tradition "Berlinette" nannte. Im Januar 1964 präsentierte er auf dem Brüsseler Autosalon erstmalig seine Schöpfung, die bei den Besuchern auf begeisterten Zuspruch traf. Aufgrund diesen Erfolgs entschied sich Coune für die Auflage einer Kleinserie.

Weil Counes "Berlinette" beim Publikum so gut ankam, ließ das BMC - Management einen Serien-MG B zum Umbau nach Brüssel bringen, der, zurück in England, ausführlichen Tests unterzogen wurde. Es soll auch überlegt worden sein, Jacques Coune offiziell mit dem Bau des Coupés zu beauftragen, doch scheinbar war den Entscheidungsträgern die "Berlinette" von Coune, was das Styling betrifft, zu "italienisch" geraten. 

Coune und seine Karosseriebauer hatten sich auch tatsächlich alle Mühe gegeben, ein hinreißendes Fahrzeug auf die Beine zu stellen, was allerdings umfangreiche Umbauten nach sich zog.
Von der Außenhaut blieb kaum etwas wie es war:

- die Frontkotflügel
erhielten leicht ausgestellte Radkästen.

- die Frontscheinwerfer
wurden weiter nach hinten gesetzt und mit einer chromumrandeten
Plexiglasscheibe abgedeckt.

- die Frontscheibe
wurde enfernt und durch eine größere Panoramascheibe ersetzt.
Erst dadurch gelang die gute Linienführung. Interessant ist hier, dass Coune
als Frontscheibe die Heckscheibe des Renault 8 verwendete.

- die Seitenscheiben
erhielten neue rahmenlose Dreiecksfenster, die nicht ausstellbar waren.

 

- das Heck
erhielt eine sportlich Abrisskante nach Manier der Ferrari 275 GTB.

-die Heckscheibe
ebenfalls neu, hier verwendete Coune die Frontscheibe vom Renault 8.

die hintere Feuerwand
wurde herausgeschnitten und zur Stabilisierung der Karosserie ein
Versteifungskasten zwischen die Radkästen eingeschweißt.

- der Kofferraumdeckel
musste natürlich auch komplett neu gestaltet werden.

- die runden Rücklichter
passen sehr schön zum Abrisskantenheck.
Verwendung fanden die Rücklichter des Simca 1000.

- die Zierleisten
des Originals entfielen und wurden durch je eine Zierleiste unterhalb der Tür
ersetzt, was die Linienführung dezent, aber gut hervorhebt.

- der Innenraum
wurde durch die höhere Frontscheibe luftiger, blieb aber abgesehen
von einem Les-Leston-Holzlenkrad ansonsten Original. Sonderanfertigungen gab es
allerdings auf Kundenwunsch.

- der Auspuff
wurde gegen eine Anlage von Abarth ausgetauscht.

Die ersten 6 Coupés von Jacques Coune wurden aus Stahl gefertigt, alle weiteren erhielten eine Kunststoffkarosserie, die minimal niedriger sind als die Stahlausführungen. Allerdings brachten die Kunststoffkarosserien etwas weniger Gewicht auf die Waage.

Insgesamt baute Coune 56 Fahrzeuge von denen die meisten in Belgien und Holland verkauft wurden. Es sollen nur drei Exemplare nach Deutschland exportiert worden sein. Ein Wagen wurde 1985 bei einem Großbrand in München völlig zerstört.
Heute existieren nach Recherchen von Herrn Nicolas Lecompte, der sich sehr intensiv um die Kreationen von Jacques Coune bemüht, noch ca. 18 Fahrzeuge in mehr oder weniger gutem Zustand.
Ersatzteile für die Änderungen, die Coune und seine Blechkünstler entwickelten, gibt es heute nicht mehr.

Zu einer größeren Serie kam es bei Jacques Coune leider nicht, denn zwischenzeitlich wurde nämlich in Abingdon an der Entwicklung des MG B GT gearbeitet, wobei die italienische Karosserieschmiede Pininfarina etwas italienisches Styling beisteuern durfte und den Prototyp baute. Das Seriencoupé von MG ging ab Oktober 1965 in Produktion.
Wer aber eine echte Coune MG B Berlinette fahren wollte, musste damals ordentlich in die Tasche greifen. 1964/65 kostete dieses elegante Sportgerät ca. 19.000 DM - dafür bekam man auch einen Jaguar E oder einen Porsche 356.

Eine MG B "Berlinette" von Jacques Coune heute zu kaufen ist nahezu unmöglich und wenn mal eines unter den Hammer kommt, werden Preise bis zu 30.000 Pfund veranschlagt. Sollte Ihnen also eine irgendwo günstig angeboten werden, greifen Sie zu, egal in welchem Zustand das Fahrzeug ist.

Der Meister und seine Schöpfung: Jacques Coune neben einer MG B Berlinette.


© Text: Classic-Car-Revue / Heiko Feld
© Bilder: N. Lecompte, Begien

 

Wir bedanken uns bei folgenden Personen, die mit Informationen
und Bildern bei der Erstellung dieser Seite maßgeblich geholfen haben:

N. Lecompte, Belgien

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